Mund-zu-Mund-Propaganda für Lebensqualität – Forderung nach Ersatz für das Flussmeister-Areal

(rppr) – Dass eine Stadt mehr ist, als Stein, und es beim Beton nicht nur darauf ankommt, was man draus macht, darüber  existieren beim Stadtverein „Wir in Neu-Ulm“ (W.I.N.) ebenso wenig Zweifel, wie an der Tatsache, dass Neu-Ulm mehr zu bieten hat als den Blick nach Ulm nebst Wasserturm. Auch an Ideen, der Stadt ein authentisches Profil anstatt eines bloßen Etiketts zu verleihen, mangelt es nicht, wie bei der jüngsten Mitgliederversammlung deutlich wurde. Allein, beim Ringen um mehr  Lebensqualität kollidieren bisweilen Wünsche mit der stadtplanerischen Realität.

Bei jüngeren Geschwistern wird das Bemühen um ein eigenes Profil nicht selten von einer gleichnamigen Neurose befeuert, was mitunter in plakativen Aktionismus mündet. Ähnliche Mechanismen waren zu früheren Zeiten ab und an auch in Neu-Ulm zu beobachten, wo Selbstbewusstsein und Identität unter der Nachbarschaft des geschichtsträchtigen und traditionsreichen Ulm arg zu leiden hatten und das mithin bis heute noch tun.

Selbst wenn man die angejahrte Kult-Häme, das Beste an Neu-Ulm sei der Blick nach Ulm, ausblendet, bleibt doch der alltägliche
Schlag ins Kontor. Der kommt immer dann, wenn Neu-Ulmer Bürger sagen „ich gehe jetzt in die Stadt“ und meinen damit: „Ich
gehe nach Ulm.“ Oder das Bekenntnis „ich wohne in Neu-Ulm“ mit flankierender Nachbesserung, „bin aber in Ulm geboren“.

Gleichwohl fahren auch Menschen ganz bewusst nach Neu-Ulm, ohne einen neidischen Blick über die Donau zu werfen, dafür
aber einen aufs Wiley-Gelände. „So einen Skaterpark gibt es bei uns nicht“, bedauerte kürzlich ein Mitglied einer Münchner
Skatboarder-Clique, die eigens angereist war und sich hernach noch zur Kletterhalle aufmachte.

Was Neu-Ulm, abgesehen von einer Altstadt, mittlerweile zu bieten hat, haben sich längst auch die W.I.N.-Mitglieder vergegen-
wärtigt. Ob im Bereich der Naherholung, der Sportmöglichkeiten, auf kulturellem und kulinarischem Sektor, hinsichtlich des gegenwärtigen und künftigen Handels oder im Dienstleistungssegment – Neu-Ulm sei, so hieß es, in vielen Bereichen gut aaufgestellt. Was hingegen noch fehle, sei eine in der Bevölkerung verankerte Identität, ein gemeinsames Stadtgefühl, das es zu erzeugen gelte.

Nach Überzeugung des Stadtvereins hat Neu-Ulm das Zeug zu einer „Wohlfühlstadt“. Um den entsprechenden Nachweis zu
erbringen werden im Juni drei Wochenenden unter der Überschrift „Wohlfühlen in Neu-Ulm“ stehen. Inhaltlich gefüllt mit einer
Themen-Messe, einer Ausstellung, diversen flankierenden Aktionen und einem kabarettistischen Finale mit Erwin Pelzig (!) im Edwin-Scharff-Haus.

Von essentieller Bedeutung für ein effektives und effizientes Stadtmarketing ist für W.I.N. nicht nur die Akzeptanz der Bürger, sondern deren Einbindung und aktive Beteiligung. Zumal ein Stadtgefühl nicht verordnet werden könne, sondern selbst erlebt und entwickelt werden müsse. Denn die Menschen seien es, die die Stadtkultur bestimmten. Und deren Meinung über die
eigene Stadt habe auch zu einem großen Teil Einfluss auf das Bild einer Kommune in den Medien.

Thema-begleitend findet im Oktober in Neu-Ulm das Stadtmarketing-Forum Süddeutschland statt. Vor diesem Hintergrund wollen die W.I.N.-Macher die Menschen dazu ermutigen, den Dialog zu suchen und ihn auch zu führen, um das von ihnen wahrgenommene Bild ihrer Stadt nach außen zu tragen. Via Mund-zu-Mund-Propaganda oder „Stadtgeflüster* soll die Art der
Lebensqualität vermittelt werden, gleichzeitig aber auch Verbesserungspotenziale identifiziert werden.

Dass auf diesem Sektor noch „Luft nach oben“ ist, zeigen nach Ansicht des Vereins manche Resultate der Stadtplanung. So
geriet etwa die Bebauung des Flussmeister-Geländes in die Kritik, zumal damit ein zentraler innenstädtischer Veranstaltungs-
ort ersatzlos gestrichen wurde. In diesem Zusammenhang appellierte die Versammlung an die Stadt, ein neues Kultur- und Ver-
anstaltungs-Areal auszuweisen.