OK – „Wir in Neu-Ulm“ denkt nach über ein Leuchtturm-Projekt für 2013. Das vor allem soll neben den vielen kleineren Aktivitäten dem strategischen Ziel dienen: das Profil schärfen, das Image verbessern. Und das wirft die Frage auf: Was ist das Profil von Neu-Ulm? Was ist sein Image?
„Paris – die Stadt der Liebe“, „München – Weltstadt mit Herz“, „New York – die Stadt, die niemals schläft“ – das sind Stadt-Marken. Und Neu-Ulm? Ist keine Marke. Noch nicht? Muss so eine Stadt wie Neu-Ulm sich anstrengen, Marke zu werden? Es wird ja viel von Stadtmarketing geredet. Sogar die Bundesregierung, genauer: das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, rät allen Städten gut zu:
„Städte und Gemeinden brauchen lebendige Zentren. Dies gilt für unsere Ballungszentren ebenso wie für unsere ländlichen Räume. Angesichts des demografischen und strukturellen Wandels bedarf es der gemeinsamen Anstrengung aller Partner, die Innenstädte und Ortszentren zu erhalten und zukunftsfähig weiter zu entwickeln.“
Das gilt natürlich auch für Neu-Ulm. Wenn „Wir in Neu-Ulm“ uns zusammen mit allen hier lebenden und arbeitenden Menschen intensiv die Chancen und Probleme der Stadt herauskristallisieren, eine Art „Weißbuch Innenstadt Neu-Ulm“ erarbeiten und darauf aufbauend ein tragfähiges Konzept erstellen, könnten wir aktiv Weichen für die Zukunft stellen. Schlüssiges, also überzeugendes und dadurch erfolgreiches (konkludentes) Stadtmarketing wäre möglich.
Zentrale Erkenntnis des bereits erwähnten „Weißbuch Innenstadt“:
„Die Stadtkerne mit ihren kulturellen Anziehungspunkten, ihren Plätzen, Baudenkmalen und Theatern, aber auch mit ihren Kirchen und religiösen Einrichtungen sind für Bürgerinnen und Bürger Orte der Identifikation. Gastronomie, Hotellerie und Freizeiteinrichtungen sowie Ereignisse wie Sport-, Musik- und Kulturveranstaltungen beleben die Zentren. Bürgerschaftlich oder ehrenamtlich organisierte Kultur- und Freizeitprojekte spielen neben den öffentlichen und privatwirtschaftlichen Angeboten eine zunehmend wichtige Rolle.“
Da wartet auf die, die sich für Neu-Ulm stark machen, eine Herkules-Aufgabe. Schließlich ist Neu-Ulm seit nicht mal 150 Jahren Stadt. Das heutige innerstädtische Areal (ein gewisser Umkreis um den Petrusplatz) war vor 200 Jahr praktisch unbewohnt (die Stadtchronik sagt: „drei behauste Familien“), war ursprünglich die ulmische Viehweide. Den „Ur-Neu-Ulmer“ gibt es nicht, einen über einen langen Zeitraum gewachsenen Stadt-Kern gibt es nicht. Die eingemeindeten Stadtteile haben alle zwölf eine längere Geschichte. Wer aus den Neu-Ulmer Stadtteilen ankündigt, „in die Stadt“ gehen zu wollen, meint: Ich gehe nach Ulm.
Um da womöglich was zu ändern, müsste aktives Stadtmarketing betrieben werden. Und das definiert Horst Lenk, Vize-Präsident der IHK Nordschwarzwald so:
„Um ein erfolgreiches Stadtmarketing zu betreiben, muss den Initiatoren und handelnden Akteuren bewusst sein, was die Stadt oder Gemeinde attraktiv macht. Das Stadtimage basiert hierbei auf vier Elementen. Dazu zählen das (Waren)Angebotund der Branchenmix, das (Einkaufs-)Erlebnis, die Erreichbarkeit sowie die Stadtgestaltung. Jedes einzelne dieser Elemente stützt das Stadtimage. Wird ein Bereich vernachlässigt, so wird das angestrebte Gesamtziel nicht erreicht. Dadurch wird deutlich, dass das Stadtmarketing als umfassendes Gesamtkonzept anzulegen ist, um dauerhaft Erfolg zu haben.“
Noch deutlicher sagt er es hier:
„Ein funktionierendes Stadtmarketing ist für Städte ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Es unterstützt die wirtschaftliche Entwicklung von Handel, Dienstleistung, Gastronomie und Tourismus und sorgt damit für pulsierende und attraktive Städte. Der Begriff Stadtmarketing wird vielfach verwendet und inhaltlich strapaziert. So wird Stadtmarketing oft mit dem auf die Innenstadt begrenzten Citymarketing oder auch mit einzelnen Events und Aktionen gleichgesetzt. Die Ansätze und Zielrichtungen sind jedoch unterschiedlich und so stellt Citymarketing – wie auch Stadtteilmanagement – ein Teilaspekt des ganzheitlichen und nachhaltigen Stadtmarketings dar.
Das bedeutet aber auch, dass ein funktionierendes Stadtmarketing keine ‚Ein Personen Aufgabe‘ ist, sondern die Beteiligung
aller fordert. Eine professionelle Moderation und Steuerung Ist notwendig, kann aber nur unter der – auch finanziellen – Beteiligung der Unternehmen und den Ideen aller Bürger einer Stadt gelingen. Trittbrettfahrer sind hier ebenso unerwünscht wie destruktive Kritiker.“
Inzwischen engagieren sich fast 80 Mitglieder bei „Wir in Neu-Ulm“ ehrenamtlich für unsere Stadt. „Engagement ist
der Motor für zukunftsfähige Innenstädte,“ heißt es im „Weißbuch Innenstadt“. Und weiter: „Wie in der Vergangenheit sind auch heute eine starke Selbstverantwortung und bürgerschaftliches Engagement Ausgangspunkt und Erfolgskriterium der Innenstadtentwicklung. Für die Stadtentwicklungsplanung bedeutet dies, Bürgerschaft, private Eigentümerinnen und Eigen-
tümer sowie lokales Gewerbe und Investoren aktiv in den Prozess der Weiterentwicklung der Stadtkerne einzubinden und ihre Interessen, Anliegen, Ideen und Empfindungen ernst zu nehmen.“
„Wir in Neu-Ulm“ ist, auf der Folie des oben Gesagten, also auf dem richtigen Weg. Schön wäre es, wenn es gelänge,
über einen Wettbewerb das bislang unscharfe Profil zu schärfen;
in vielen verschiedenen Aktionen den Zusammenhalt zu stärken
auch in 2013 ein Leuchtturmprojekt zu realisieren, mit das Image Neu-Ulms weiter aufpoliert wird.
Lektüre:
Kulturpotentiale für eine nachhaltige Stadt